Instagram & Co.: So geht Selbstmarketing 4.0
Früher waren es nur Leute wie Heidi Klum, Paris Hilton oder zukünftige Dschungelcamper, die Selbstmarketing betrieben haben. Ganz klassisch in Bravo, Brigitte und Bunte – oder in den Werbepausen von GNTM und Co. Nur hatten sie Geld und Management-Power hinter sich.
Bei uns “Normalos” sieht Eigen-PR um einiges umspektakulärer aus. Wir haben neue Leute auf einem Geburtstag von Freunden kennengelernt, vielleicht auch auf einer Firmenfeier. Die Erreichbarkeit nach außen hielt sich in Grenzen. Wir haben von uns erzählt, ganz unauffällig mal fallenlassen, wie toll wir eigentlich sind. Dass wir schon hier und da gearbeitet haben. Eine Gratwanderung zwischen Angeberei und gutem Selbstmarketing.
Plötzlich digital
Dann kam Facebook und damit die ersten zaghaften Versuche von Heidi und Co., sich durch Urlaubsselfies und pseudo-intelligenten Kommentaren zu aktuellen Themen zu zeigen. Ist schließlich günstiger und authentischer. Es folgten Instagram, Twitter, Snapchat, Persicope, WordPress. Social-Media-Marketing auf allen Kanälen. Nicht nur für die Promiwelt, sondern auch für uns.
Immer mehr Kanäle, die den Speicherplatz auf unserem iPhone schrumpfen lassen; die wir verstehen müssen und die unsere Zeit klauen. Klingt erstmal negativ, ist gleichzeitig aber eine riesige Chance: Plötzlich müssen wir nicht mehr (oder nur selten) bei einem verkrampften Glas Weißwein versuchen, uns dem Gegenüber durch humorvoll-intelligenten Smalltalk zu verkaufen. Wir können es auslagern, in die Social-Media-Welt, in der vieles sehr viel einfacher ist.
Eigen-PR via Twitter und Instagram
Bei Twitter habe ich ausreichend Zeit, 140 Zeichen geballte Intelligenz in einen Tweet zu katapultieren. Ich muss nicht schlagfertig sein und dabei auch noch nett lächeln. Ich habe Zeit, mir Schlagfertigkeit zu überlegen. Für viele Menschen ist das ein Vorteil. Außerdem kann ich in Jogginhose auf dem Sofa liegen, nebenbei Nutellabrot essen, während ich mich online vermarkte. Das fängt damit an, dass ich mein Twitter-Profil so gestalten kann, wie ich es will. Auch thematisch.
Will ich in die Politik, dann twittere ich über Politik. Komme mit anderen ins Gespräch, baue mir eine Community auf. Will ich in die Modebranche, twittere ich über Mode. Komme mit anderen ins Gespräch, baue mir eine Community auf. Klingt simpel, ist simpel. Das bedeutet nicht, dass es wenig Arbeit ist oder sofort wie ein Selbstläufer funktioniert. Es dauert, braucht Geduld und gute Ideen. Aber es ist auch ein Geschenk. Ein Besuch im App Store und keine fünf Klicks später kann ich mit der Außenwelt kommunizieren.
Bei Instagram brauche ich statt 140 Zeichen nur ein Quadrat und ein paar gute Filter. 400 Millionen Menschen nutzen die App. Insgesamt werden pro Tag 80 Millionen Fotos hochgeladen. Die Zielgruppe ist eine völlig andere als bei Twitter. Instagram wird hauptsächlich von der Generation Y genutzt. Über die Hälfte der User sind zwischen 18 und 29 Jahre alt. Es geht nicht um Intelligenz und Wortwitz. Es geht um Latte Macchiato mit Karamellsirup inklusive perfektem Milchschaum. Und um mein neues H&M-Crop-Top, über das ich mich so sehr freue. Es geht um eine Welt, in der ich zeigen kann, wer ich gerne sein würde.
Realität vs. Social Media
Bei Instagram ist es nicht mein Anspruch, die Realität abzubilden. Ganz anders als im Journalismus. Ich mache Werbung für mich. Und Werbung ist nur eine Welt, in der fröhliche Kinder ein Lied über Wurst singen und Wäsche waschen zum Erlebnis wird. Ich kann mich und mein Leben inszenieren und es mir zunutze machen. Ist das falsch? Verwerflich? Fake? Ich finde nicht. Es ist Selbstmarketing, wie es heutzutage funktioniert. 4.0 eben. Und dabei steht mir alles offen, was in ein Quadrat passt. Food-Fotos, Spiegel-Selfies oder Fitnessmotivation.
Mir ist bewusst: alles, was ich hochlade, ist öffentlich. Meine Freunde können es sehen, meine Kollegen, mein potenzieller neuer Arbeitgeber. Das Karriereportal Jobware hat vergangenes Jahr 36.000 Personaler und Bewerber zu ihren Erfahrungen bei der Jobsuche befragt. 32 Prozent aller Chefs informieren sich vor jedem Vorstellungsgespräch via Facebook über die Bewerber, 45 Prozent machen es unregelmäßig. Wer mich googelt, findet auch meine Social Media Profile – inklusive Spiegel-Selfies, Fotos von meinem Rundgang durch de Synagoge. Er findet Meinung und Kritik. Es ist ein Ausschnitt aus meinem Leben in Bildern und Hashtags.
Twitter, Instagram und Co. öffnen Türen. Ich kann mich verkaufen, in einer Welt, die ich selbst kreiere. Ich kann twittern, worüber ich will, instagrammen was ich will. Solange (Achtung!) ich darüber nachdenke und reflektiere, was ich preisgebe.
Zuletzt geht es um das Gleiche, wie bei der Firmenfeier lässig einzustreuen, wie toll mein letzter Urlaub nach Südostasien war oder wenn ich meine neue sauteure Tasche sichtbar auf dem Tisch platziere. Das Leben ist eine Bühne und ich bestimme, welche Rolle ich spiele. In der Realität und im Netz.
Tipps für ein erfolgreiches Selbstmarketing
- Was poste ich? Ihr könnt eure eigene Social Media Welt kreieren, deshalb überlegt euch im Vorfeld genau, was und worüber ihr posten wollt. Privates, Berufliches, Food, Fitness, Politik, Meinung? Geht alles, ihr müsst nur dahinterstehen.
- Selbstmarketing funktioniert nur, wenn ihr euer Instagram-Profil auf öffentlich stellt.
- Folgen und kommentieren! Neue Follower zu bekommen, ist Arbeit! Ihr müsst anderen Profilen folgen, Bilder liken, kommentieren und euch in Twitter-Konversationen einmischen. Nur so werden andere User auf euch aufmerksam.
- Nutzt die richtigen Hashtags, um eure Reichweite zu erhöhen.
- Bei Instagram sollten eure Fotos eine gute Qualität haben. Um bei Fotos ein wenig nachzuhelfen, ladet euch z.B. vsco cam runter (kostenlose Fotobearbeitungs-App).
- Authentisch sein! Instagram ist nicht die Realität. Das muss es auch nicht 100%-ig sein. Hin und wieder eine lustige Bildunterschrift hinzuzufügen und Ehrlichkeit zu zeigen, machen euch aber sympathisch und authentisch.
Also: Geht an die Arbeit, ihr Selbstdarsteller!
Beitragsbild: Flickr/ Urban Muser
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