Vom öffentlichen Dienst in die Bloggerszene
„Burger, Fleisch und Männerkram“: So teasert Thomas aus Köln seinen Blog „bacon zum steak“ an. Es geht dabei nicht nur um Fleisch, sondern um die Passion eines Mannes. Und diese Passion fasst Thomas in Worte. Sein Lebenslauf ist ungewöhnlich: Ein Beispiel dafür, warum manch gut gemeinter Ratschlag von lieben Eltern nicht ins 21. Jahrhundert passt. Zumindest nicht seit Dotcom.
Die Blogger-Szene wächst seit Jahren. Allein im September wurden weltweit mehr als 50 Millionen Blogposts von WordPress-Nutzern publiziert. Die Anzahl der Blogger in Deutschland ist kaum messbar, jeden Monat werden es mehr. Sie bloggen in den Bereichen Food, Mode, Lifestyle, Politik, Wirtschaft – und das mittlerweile bedeutsam für die breite Bevölkerung. Jüngstes Beispiel ist das Blog netzpolitik.org, dessen Betreiber Markus Beckedahl und Andre Meister nur knapp einer Klage wegen Landesverrat entgangen sind.
Bloggen ist also kein Underground-Job mehr. Foodpassionist Thomas hatte nicht geplant, Blogger zu werden. Er hat eine Ausbildung im öffentlichen Dienst gemacht. Ausgerechnet? Er lacht und sagt, er sei von der Agilität begeistert gewesen und dass es viel Kundenkontakt gegeben hätte. Nach kurzem Nachhaken wird klar: Auch seine Eltern stecken dahinter: Sie „waren froh, dass ich dieses für sie unverständliche Community-und-Gaming-Internet-Gedöns mal sein lasse und mich für etwas solides begeistere“, sagt Thomas. Zack, ausgebremst!
Also ist er Beamtensohn geworden. „Nach zwölf drögen Schuljahren wollte ich Geld verdienen und aus der Eifel in die Stadt.“ Also bewarb er sich um einen Ausbildungsplatz beim Bundesverwaltungsamt in Köln, das wiederum zum Bundesministerium des Inneren (BMI) gehört. Dröger geht’s doch wohl kaum?
Richtig! Thomas hat seine Ausbildung beendet und war weg. Er musste feststellen, dass Hingabe und Motivation seiner Kollegen nicht mit seinen konform gewesen waren – weil es sie schlichtweg kaum gab. „Mit Kunden kam man so gut wie nie in Kontakt, es gab häufig Leerläufe, technische Systeme sind veraltet und verhindern Prozessänderungen und Weiterentwicklung… einmal von der Kameralistik abgesehen, in der die Mittel für nächstes Jahr schon verplant sind, damit man übernächstes Jahr noch etwas aus dem Topf bekommt. Ein Leben lang ein stilles Rädchen in einer unflexiblen und völlig unagilen Maschinerie öffentlicher Hand sein? Nein, das würde mich nicht glücklich machen.“
Also doch Internet-Gedöns. Community, Kunden, Social Media: Dafür konnte sich Thomas begeistert. So kam er zum Bloggen – nachdem er Ende 2008 in den USA war. Das Thema war also klar: Beef! „Die dreckigsten Burger der heruntergekommensten Burgerbuden haben mir damals Tränen des Glücks in die Augen getrieben. Diese neu entbrannte Liebe zu gutem Fleisch und ‚Soul-Food‘ habe ich mit nach Hause gebracht.“
Eine Facebook-Seite, ein paar Kritiken und schlechte Fotos und schon hatte Thomas seine ersten Fans. Das A und O beim Bloggen: Ehrlichkeit. Ihn begeistern noch heute die formlosen Mittel, mit Leuten in Kontakt zu treten und Erfahrungen zu teilen. Keine Spur von starren Strukturen und langweiligen Arbeitstagen ohne Gespräche. Besser digitale Gespräche als keine, oder?
Dazu kommt: „Ich koche und esse mit viel Hingabe. Das merkt der interessierte Leser und lässt sich dadurch begeistern. Mit der Zeit wächst der eigene Horizont, die Kamera und der Anspruch an das Erschaffene“.
Thomas hat den Sprung „geschafft“: von einem schnöden Büroalltag mit ätzenden Aufgaben hin zu einer lebendigen Tätigkeit – lebendig trotz (oder weil) digital. Und doch gibt es immer noch solche, die meinen: Im Internet könne man kein Geld verdienen. Thomas tritt diesen Kritikern mittlerweile entspannt gegenüber. Er nennt die Samwer-Brüder, Facebook-Ikone Mark Zuckerburg und die Bitcoin-Gründer als Beispiele dafür, dass man sehr wohl im Netz reich werden kann. Vermutlich haben die Eltern von Mark Zuckerberg anfangs auch etwas skeptisch dreingeblickt, als ihr Sohn mit einem kleinen, blauen Daumen nach Hause kam.
Thomas: „Für mich persönlich ist die Möglichkeit, sich in seinem Beruf verwirklichen zu können, ein viel wichtigerer Schritt zum Glück [als Sicherheit] – insbesondere heutzutage, wo Arbeits- und Freizeitzeiten häufig ineinander laufen können.“ Stichwort Life-Work-Blending. Ein Beruf sei auch eine Berufung. Und da stimmen ihm mit Sicherheit viele Blogger zu.
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