
Auch eine Generation Y hat ihre Schwächen
Zum Neokongress der Haufe-Akademie, am 07./08. April in München, hat mich acquisa interviewt. Es geht um die Generation Y, Führungsstile und Statussymbole.
Gutes Gehalt, ein dicker Firmenwagen und die Aussicht, ganz schnell eine Führungsposition zu erreichen – auf die Frage, wo die Reise in Sachen Karriere hingeht, waren das einst die Schlagworte junger Berufseinsteiger. Digital Natives ticken da ganz anders, heißt es. Aber wie eigentlich?
Nicht alle ticken anders. Es gibt auch in unserer Generation Vertreter, die auf die von Ihnen genannten Attribute Wert legen. Zu beobachten ist, dass dieses klassische Streben nach materiellem Status und der schnelle Aufstieg auf der Karriereleiter in Unternehmen in der heutigen Zeit nicht mehr in das persönliche Lebensmodell passen. Lebensmodelle sind heute vielfältiger als noch zu Zeiten unserer Eltern. Zickzack-Lebensläufe – wie man sie heute nennt, haben wenig mit dem Arbeitsmodell „Einmal bei Daimler, immer bei Daimler“ zu tun. Die Wechselbereitschaft hat bei jungen Menschen deutlich zugenommen.
Materieller Status schafft dabei eine Abhängigkeit, die dann eher kontraproduktiv ist. Wenn man in einen materiellen Wohlstand erzogen wird, ist die Wertigkeit von Besitztum geringer als noch zu Zeiten, in denen Wohlstand erarbeitet werden musste. Und wenn die Wechselbereitschaft zunimmt, dann ist auch ein Aufstieg auf der Karriereleiter nicht das oberste Ziel. Nachvollziehbar, oder? Mehr junge Menschen denken heute mehr horizontal statt vertikal: Also nicht in Richtung Aufstreben und Führungsverantwortung, sondern gen Weiterentwicklung eigener Fachkompetenzen.
Unternehmen wie BMW oder die Lufthansa waren die Traumarbeitgeber der letzten Generationen. Wo wollen Digital Natives am liebsten arbeiten?
Auch hier kann nicht pauschalisiert werden. Es gibt immer noch viele junge Menschen, die bei einem Großkonzern arbeiten wollen. Vor allem, weil BMW und Lufthansa stark an ihrer Unternehmenskultur arbeiten, um sich auf moderne Anforderungen anzupassen. Kleinere Unternehmen ermöglichen natürlich mehr Nähe und Start-ups mehr Agilität. Ich denke, es ist viel mehr eine Frage der Passung zwischen persönlichen Werten und denen eines Unternehmens.
Vielleicht können Sie sich noch an die Studie erinnern, auf der Thomas Sattelberger „herumgeritten“ ist. Diese Studie besagt, dass ca. 30 Prozent der heute YY-Jährigen in den öffentlichen Dienst wollen. Aber warum? Worin steckt die Ursache? Die hängt meiner Meinung nach mit der riesigen Bildungslücke zwischen Ausbildung und freier Marktwirtschaft zusammen. Junge Menschen sind nicht aufgeklärt. Sie haben Angst! Und wie wir alle wissen, erhöht Angst den Wunsch nach (absoluter) Sicherheit.
Wir brauchen gute Vorbilder. Wir brauchen Aufklärung. Wir brauchen Bildungseinrichtungen, die mehr Mut, Kreativität und Unternehmertum vermitteln.
Arbeitsstrukturen wurden in den vergangenen Jahrzehnten bereits weiterentwickelt. Der Führungsstil ist dabei aber meist der gleiche geblieben. Was erwarten Vertreter der Generation Y von einer guten Führung?
Wir haben in vielen Führungsetagen folgendes Problem: Führung wurde nie gelernt oder gelehrt. Führungskraft wurde, wer bester Mitarbeiter im Team oder schon lange genug im Unternehmen war. Aber eine gute Fachkraft zu sein, sagt nichts über die Führungsqualität von Menschen aus. Plus: In einem hierarchischen Organisationsmodell ist Führung mit Macht und Status verknüpft.
Und jetzt haben wir den Salat.
Wir haben viele schlechte Führungskräfte auf Positionen, wo sie sich nicht wegbewegen wollen. Es will ja niemand seinen Status verlieren.
Was sich junge Menschen also wünschen, sind ausgebildete „Menschenführer“ statt unausgebildete Führungskräfte. Das wünschen sich übrigens alle Generationen. Die Gallup-Studie zeigt beispielsweise schon seit 2001, dass viele Mitarbeiter nur noch Dienst nach Vorschrift machen. Der Hauptauslöser dafür: die Beziehung zum direkten Vorgesetzten.
Die Rolle der Führungskraft muss sich in Zeiten von hoher Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUKA-Realität) verändern.
Gibt es Ihrer Ansicht nach auch wichtige Kompetenzen, die dem Always-on-Menschen verloren gehen können, die in der Berufswelt aber weiter wichtig bleiben werden?
Ja. Dazu gehören für mich die drei Kompetenzen: Achtsamkeit sich selbst und der Umwelt gegenüber, Konzentrationsfähigkeit und Unterscheidung zwischen Wichtigem und Unwichtigem. Bei Digital Natives können wir schon heute eine sprunghafte Aufmerksamkeit und eine mangelnde Frustrationstoleranz beobachten. Bei dem Einen oder Anderen mangelt es an sozialer Kompetenz. Wer nur in Online-Chatrooms Kontakte pflegt, lernt nicht, Gestik und Mimik des Gegenübers gut zu entschlüsseln.
Alles hat seine Pros und Cons.
Die Generation Y ist zumindest in der Wissenschaft schon beinahe ein alter Hut. An Universitäten untersucht man bereits die Generation Z, von denen offenbar auch schon die ersten auf den Arbeitsmarkt drängen. Was haben Unternehmen von denen zu erwarten?
Ich finde es schwierig, jetzt schon über Menschen zu urteilen, die noch so jung sind. Fest steht: Sie sind die nächste Generation, die ein wichtiger Treiber für neue Entwicklungen im Arbeitsmarkt sind.
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