Warum wir uns nicht selbst organisieren können
Unternehmen klagen über angepasste, unreflektierte und unerfahrene Schul- und Hochschulabsolventen. Es klafft eine Bildungslücke zwischen Ausbildung und Berufsalltag. In einem immer komplexer und dynamischer werdenden Markt muss jungen Menschen eine neue Fähigkeit vermittelt werden: Selbstorganisation.
Fokus auf Fachspezifik
Viele Schulen und Hochschulen fokussieren sich in der Ausbildung immer noch sehr stark auf die einseitige Wissensbetankung junger Menschen (die über Bulimie-Lernen vor Klausuren klagen) und schätzen die Notwendigkeit des Erwerbs praktischer Lebenserfahrungen minder ein. Zum Beispiel über Fallstudienarbeit, Exkursionen in die Praxis, Selbstreflektion und Fremdreflektion, etc. „Das Resultat sind dann Berufsanfänger als Fachspezialisten mit deutlich eingeschränkter menschlicher Reife und mangelnder Lebenserfahrung“, sagt Volker Heyse in seinem Buch.
Ein Positivbeispiel ist die: Evangelische Schule Berlin. (Einfach googlen)
Die Bildungslücke
Zwischen Ausbildung und Arbeitsalltag klafft eine Bildungslücke. Es mangelt an Bildungsangeboten, die diese Lücke schließen. Eine wichtige Kompetenzmaßnahme hierbei ist die Selbstorganisationsfähigkeit: die Fähigkeit sich eigeninitiativ Ziele zu setzen, entsprechend zu handeln und aktiv in neuen Anforderungssituation zu lernen. Denn in einer VUKA-Realität beschleunigt sich der Wandel und es erhöhen sich die Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit an neue Anforderungen und Herausforderungen an Individuen, Teams und Unternehmen.
Dass in vielen Bildungseinrichtungen auf diese Anforderung (noch) nicht eingegangen wird , lässt sich daraus ableiten, dass die klassische Bildungskarriere – Schule, Uni, Promotion, Habilitation – kein Garant für Erfolg in einer dynamischen Realität des 21. Jahrhundert ist. Wenn Eltern also glauben, dass mehr Bildung auch mehr Wettbewerbsvorteil für die eigenen Kinder in der Arbeitswelt von morgen bedeutet, denken sie falsch! Es scheint zwar naheliegend, ist aber nicht richtig. Unser Bildungssystem ist auf Defizitgeist, Normierung und Standardisierung auslegt statt auf die Exzellenz des individuellen Menschen. Viele Bildungseinrichtungen basieren auf den Vorgaben einer Industriegesellschaft, die darauf ausgelegt waren, Innovationsgeist und Kreativität „abzutrainieren“.
Plädoyer für eine agile Erziehung
Im Januar 2016 hat Gunter Dueck eine Kolumne veröffentlicht, in der er für eine agile Erziehung plädiert:
- Individuelle Menschenentwicklung über Versetzung nach Standardstufen und Klassen
- Aktivierung von Selbstwirksamkeitsgefühl über Prüfungs- und Zeugnisdokumentation
- Folgen von gewecktem Interesse über Befolgung von Lehrplänen
- Zukunftsfähigkeit der Bildung über Bewahren klassischer Vorstellungen
Dadurch fördern wir Autonomie, Selbstdenken, Urteilskraft, Persönlichkeitsstärke und Mut (!), statt Pflichterfüller, Auswendiglerner und Einzelkämpfer zu produzieren …
Es bedarf einer Entwicklung von Schlüsselkompetenzen. Das sind Handlungsfähigkeiten Beurteilungsvermögen / Wertebewusstsein / Eigenverantwortung / Gestaltungsfähigkeit / Lernbereitschaft und Lernfähigkeit / Offenheit für Veränderungen / Problemlösungsfähigkeit / Innovationsfähigkeit und kreative Fähigkeiten / Selbstmanagement / Beratungsfähigkeit / ergebnisorientiertes Handeln / fachübergreifende Kenntnisse / Folgebewusstsein / Initiative / Kommunikationsfähigkeit und Dialogfähigkeit / Kooperationsfähigkeit und Teamfähigkeit / Verständnisbereitschaft / Planungsfähigkeit / Wissensorientierung / Ganzheitliches Denken
Werden diese Fähigkeiten aktuell nur unzureichend in Hochschulen gefördert, bleibt Unternehmen nichts anderes übrig, als ihren eigenen Weiterbildungskatalog auf diese Schlüsselkompetenzen auszurichten und schon bei den Youngstern mit der Schulung dieser Kompetenzen zu starten.
Quelle: Volker Heyse (Hrsg.): Aufbruch in die Zukunft. Erfolgreiche Entwicklungen von Schlüsselkompetenzen in Schulen und Hochschulen. Münster & New York, Waxmann Verlag GmbH (2014)
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