Teil 1: Auswirkungen der VUKA-Realität in einer Welt mit neuen Spielregeln
Autorin: Steffi Burkhart
Die Spielregeln in unserer Welt verändern sich. Ereignisse werden zunehmend komplexer – unser Verständnis dafür geringer: Die Gesellschaft ist mehr und mehr verunsichert. Bereits vor fünf Jahren, als ich in Gesundheitspsychologie promovierte, war diese Verunsicherung ein Zeichen dafür, dass die psycho-sozialen Belastungen stärker ausgeprägt sind als die biologischen. Tendenz steigend. Doch wie gewinnen wir Sicherheit zurück? Indem wir lernen, die neuen Spielregeln der Welt zu verstehen – mithilfe von VUKA.
Es muss neues Wissen her, um die neue Welt zu verstehen
Wir leben heute in einer „VUKA-Realität“. Das Akronym „VUKA“ steht für die BegriffeVolatilität, Unsicherheit, Komplexität undAmbivalenz. Diese vier Phänomene prägen unsere Zeit. Ich erweitere das Modell um zwei „Brandbeschleuniger“: Digitalisierung und Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI) (Mein Beitrag: KI und die Zukunft der Arbeit). Zusammen erschaffen sie eine neue Welt, die sich mit alten Lehrbuchtheorien und dem oftmals angewandten Modus der Erfahrung nicht erklären lässt.
➡️ Volatilität: Talente bewegen sich in Länder mit stabiler Wirtschaftskraft
Beispiel Braindrain in Griechenland. Im Dezember 2018 haben wir an den internationalen Finanzmärkten die höchste Volatilität seit fünf Jahren erlebt. 2018 haben wir zudem gesehen, wie der Wert der Währungen in Argentinien, Venezuela oder der Türkei komplett verfallen ist. Dieser Verfall hat unter anderem zur Folge, dass hoch qualifizierte Talente – vor allem auch Millennials – ihrer Heimat den Rücken kehren (= Braindrain). Eine Katastrophe für diese Länder! Griechenland zum Beispiel musste zu Beginn der Krise hohe Zinsen am Kapitalmarkt zahlen und folglich die Steuern drastisch anheben. Die Arbeitslosenquote stieg, woraufhin mehr als eine halbe Million Menschen das Land verließen, wie das Handelsblatt berichtete. Verursacht durch die Volatilität hat Griechenland ein Viertel seiner Wirtschaftskraft verloren – mit verheerenden Folgen für die Volkswirtschaft.
➡️ Unsicherheiten: Politische Entscheidungen erodieren das Vertrauen in Systeme
Beispiel Gelbwestenbewegung in Frankreich. Unsicherheiten resultieren immer aus bewusst getroffenen politischen Entscheidungen und können zu einem subjektiven Unsicherheitsgefühl beim Einzelnen führen. Anfangs formierte sich die Gelbwestenbewegung, um gegen die Steuererhöhung auf Benzin und Diesel zu demonstrieren. Jetzt richtet sie sich gegen das gesamte politische Establishment.
Ein weiteres Beispiel ist die Unsicherheit in Großbritannien aufgrund der Entscheidung für den Brexit. Ich gehe davon aus, dass die Arbeitslosenquote in Großbritannien um 30 bis 50 Prozent zunehmen und das Bruttoinlandsprodukt bis zu 5 Prozent zurückgehen wird. In der Folge werden viele Top-Talente Großbritannien verlassen.
➡️ Komplexität: Je vernetzter die Welt, desto globaler die Folgen einzelner Ereignisse
Szenario des möglichen Zusammenbruchs nur einer großen Bank oder Schattenbank (bankähnliche Institution ohne Banklizenz) irgendwo in der Welt, vermutlich in China (s. Magazin „Fortune“). Ein solches Ereignis könnte sehr schnell dazu führen, dass in Europa Märkte kollabieren und Erspartes, vermögensgebundene Alterssicherungen und Bankprodukte stark in Mitleidenschaft gezogen und die Wertentwicklungen dieser Assets drei bis fünf Jahre zurückgeworfen werden. Ein wirtschaftliches Ereignis irgendwo in der Welt hat also direkten Einfluss auf uns persönlich.Auch deutsche Unternehmen könnte der Zusammenbruch einer einzigen großen Bank oder Schattenbank hart treffen, weil Banken bei verunsicherten Märkten dazu neigen, Kredite zu verknappen.
➡️ Ambivalenz: ein Ereignis, zwei Erklärungsansätze
Beispiel Arabischer Frühling. Was hat ihn ausgelöst? Viele glauben noch immer, dass es sich um eine rein politisch motivierte Bewegung handelte. Dabei demonstrierten auch deshalb viele Menschen auf Plätzen wie dem Tahrir in Kairo, weil die Nahrungsmittelpreise exorbitant gestiegen waren und sie hungerten. Wie es dazu gekommen war? Immer häufigere und extremere Wetter-Ereignisse erhöhen die Ernteverluste in der ganzen Welt. So auch 2010 in Russland. Die Hitzewelle zerstörte 40 Prozent der Getreide- und Maisernte – was die russischen Behörden zwang, den Getreideexport zu stoppen. Die Folgen waren ein Chaos auf den Rohstoffmärken und massiv gestiegene Nahrungsmittelpreise, welche in Asien und Afrika zu gewalttätigen Unruhen führten: zum Arabischen Frühling. Sie sehen, das Thema hat einen politikwissenschaftlichen und einen naturwissenschaftlichen Erklärungsansatz. Es ist ambivalent.
Beispiel Handelskrieg zwischen den USA und China als möglicher Auslöser für die nächste Weltwirtschaftskrise. Warum findet er gerade jetzt statt?Wirtschafts- und politikwissenschaftlich betrachtet wird er von zwei Faktoren beeinflusst:
- Die Chinesen exportieren günstige Erzeugnisse in die USA und kaufen mit den erzielten (hohen) Gewinnen amerikanische Staatsanleihen, was sie zum größten Gläubiger der USA macht. Dabei werden häufig Patente und andere immaterielle Güterrechte verletzt. Kürzlich wurde sogar die Finanzvorständin und Tochter des Gründers des größten chinesischen Handyproduzenten Huawei auf Veranlassung der USA in Kanada verhaftet.
- Die USA haben chinesische Produkte mit hohen Einfuhrzöllen belegt, was ein schwerer Schlag gegen die chinesische Wirtschaft ist und China in eine Rezession führen kann.
Im März 2018 wurden in Japan neue Vorkommen an seltenen Erden entdeckt. Wie das Journal „Nature“ berichtete, ist der Fund groß genug, um die ganze Welt für Jahrzehnte zu versorgen. Folglich stehen die USA nicht mehr in doppelter Abhängigkeit zu China. Warum? Ist schnell erklärt: Die Amerikaner benötigen seltene Erden für die Produktion von Handys, Elektroauto-Batterien, Computer, Windturbinen etc. China aber kontrollierte den weltweiten Handel mit diesen Mineralien. Von 2010 bis 2015 verhängte die Volksrepublik sogar einen Ausfuhrstopp, der die heimischen Hersteller stark begünstigte. Aufgrund deren Monopolstellung stoppte selbst Bosch seine Forschungsarbeiten und den Bau von Elektrobatterien, wie das Handelsblatt berichtete.
Ein Ereignis, zwei Erklärungsansätze: ein politikwissenschaftlicher und ein naturwissenschaftlicher. Hinzu kommen die „Brandbeschleuniger“ Digitalisierung und Zukunftstechnologien. Würden wir nicht weltweit unter einem enormen Innovationsdruck bei der Entwicklung von Technologien stehen, könnte den USA die Abhängigkeit von China egal sein. Eine weitere Maßnahme die die USA kurzfristig ergreifen wird: China dazu zu zwingen, ihre Handelsbilanz Überschüsse wieder direkt in die USA zu investieren. Diese neue Art der bilateralen internationalen Wirtschaftspolitik werden wir ab sofort häufiger in unterschiedlichen Formen erleben. Die Zeiten der langfristigen klassischen Diplomatien sind vorbei.
➡️➡️ Mein Appell und meine Aufforderung an Sie: Versuchen Sie ab sofort, Nachrichten mit dem „VUKA-Gedanken“ im Hinterkopf zu lesen. Es wird Ihnen helfen, die Komplexität von Welt-/Ereignissen besser zu verstehen.
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