Warum Mentoring bei Frauen nicht wirkt
Ob in der Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur oder Politik – überall begegnet uns eine „leaky Pipeline“, ein sinkender Frauenanteil auf den verschiedenen Karrierestufen. Deutlich mehr Frauen promovieren als später Professorinnen werden. An der Spitze von Krankenhäusern wimmelt es von männlichen Direktoren, obwohl der Frauenanteil im Medizinstudium bei 70 Prozent liegt. Zwei Beispiele von Tausenden. Doch Frauen sind oftmals nicht nur besser ausgebildet als Männer, sie haben auch häufiger Mentoren. Warum also wirkt das Mentoring nicht wie gewünscht? Und warum ist Sponsoring die bessere Fördermethode?
Ungleichheit rückt ins Bewusstsein
Unternehmen sind sich der Ungleichheit zunehmend bewusst und fordern ihre HR-Abteilungen auf, der Männer-Monokultur entgegenzuwirken. Vor ein paar Wochen hat mir die HR-Abteilung eines international agierenden deutschen Konzerns in einem Briefing-Gespräch mitgeteilt: „Wenn wir es nicht schaffen, mehr Frauen in Führungspositionen zu befördern, bekommen wir von unserem CEO eine Frauenquote aufgedrückt.“
Aussteigerquote talentierter Frauen steigt
Ich finde, eine starke Ansage der Konzernspitze. Unternehmen müssen handeln! Nicht nur, weil in unserer VUKA-Realität Diversität dazu verhilft, robustere Systeme aufzubauen, innovativer zu sein und bessere Gewinne zu erwirtschaften , sondern auch, weil talentierte Frauen, die unter der gläsernen Decke stehen, Unternehmen eher verlassen, wenn man ihnen extern bessere Jobs anbietet.
Millennials sind besonders „flüchtig“
Meine persönliche Meinung ist auch: Wir werden zukünftig noch eine viel höhere Aussteigerquote talentierter Frauen erleben. Denn wir als Millennials sind eine eher illoyale und ungeduldige Generation. Und wenn wir das Bedürfnis haben, woanders ein besseres Arbeitsumfeld zu nutzen, um uns besser entwickeln oder mehr Wirkkraft entfalten zu können, dann sind wir ganz schnell weg. Eine Realität, der sich Unternehmen im „War for Talents Zeitalter“ stellen sollten.
Weibliche Mentees werden eher gecoacht, männliche aktiv unterstützt
Ein beliebtes Instrument zur Förderung von weiblichen Nachwuchstalenten ist das Mentoring-Programm. Was in der Theorie sehr vielversprechend klingt, sieht in der Praxis ernüchternd aus. Studien zeigen: Mentoring-Programme wirken als Karriere-Beschleuniger für Männer, aber nicht für Frauen. Die kleben immer noch unter der gläsernen Decke fest. Und obwohl Frauen häufiger Mentoren haben als Männer (83 % zu 76 %), werden Männer 15 Prozent häufiger befördert als ihre weiblichen Kolleginnen . Bei der Ursachenforschung haben WissenschaftlerInnen interessante Beobachtungen gemacht:
1. Während Männer häufiger von Mentoren aus dem Senior Executive Level betreut werden, werden Frauen eher von Mentoren aus niedrigeren Führungsebenen unterstützt.
2. Weibliche Mentees werden eher coachend betreut, männliche hingegen aktiv unterstützt. Deren Mentoren setzen sich für ihre Mentees ein, sorgen dafür, dass die Nachwuchstalente sichtbar sind, bei vielversprechenden Gelegenheiten berücksichtigt werden und bringen so Karrieren voran. Sie verhandeln sogar um interessante Jobs, Beförderungen und Gehaltserhöhungen. Mentoren von männlichen Mentees leisten als Sponsoren konkrete Hilfestellung über klassisches Mentoring hinaus.
Sponsoring macht den Unterschied
Wenn also Mentoring bei Männern eigentlich mehr ein Sponsoring ist, das Nachwuchstalenten aktiv hilft, die Karriereleiter aufzusteigen, dann könnte ein solches Sponsoring auch für Frauen die bessere Lösung sein. Bereits existierende Programme bestätigen das. McKinsey zum Beispiel hat basierend auf diesen Beobachtungen ein Women Talent Board geschaffen, um Beraterinnen ab Projektleiter-Ebene aktiv bei ihrer Karriereplanung zu unterstützen. Der Sponsor begleitet und berät die Beraterin nicht nur wie beim Mentoring üblich, sondern schafft konkrete Möglichkeiten, knüpft Verbindungen, öffnet Türen etc.
Rollenvergleich: Mentor vs. Sponsor
Mentoren
• können auf allen Hierarchiestufen angesiedelt sein
• agieren coachend, liefern emotionale Unterstützung und geben Feedback dazu, wie man als Führungskraft besser werden kann
• agieren als Rollenmodell
• fokussieren sich auf die persönliche und professionelle Entwicklung der Mentees
• vermitteln den richtigen Umgang mit Firmenpolitik
• spiegeln Mentees ihre Kompetenz zur Stärkung des Selbstwertgefühls
Sponsoren
• müssen Senior Manager mit Einfluss sein
• kämpfen für die Beförderung ihrer Mentees
• machen ihre Mentees für potenzielle Unterstützer sichtbar
• sorgen dafür, dass sie bei vielversprechenden Gelegenheiten oder Herausforderungen berücksichtigt werden
• schützen ihre Mentees vor negativer Öffentlichkeit oder nachteiligen Kontakten zu leitenden Angestellten
Achtung! Hier liegen die Fallstricke
Gutes Sponsoring erfordert vom Senior Executive Level Sensibilität gegenüber weiblichen Nachwuchstalenten sowie Wissen um unterschiedliche Führungsstile. Denn die häufig nicht-kooperativen Strategien und Taktiken, die Männer dazu verholfen haben, in ihre Position zu kommen, widerstreben dem oftmals kooperativen Mindset von Frauen. Zumal durchsetzungsfähiges, autoritäres und dominantes Verhalten bei Frauen häufig als weniger attraktiv angesehen wird (siehe Abbildung). Das macht es gender-neutralen männlichen Sponsoren unglaublich schwierig, Frauen Hinweise und Ratschläge zu geben.
Best Practice Sponsoring
Zwei Tipps, wie Sponsoring-Programme für Frauen zu besseren Erfolgen führen:
• Ziehen Sie Sponsoren zur Verantwortung. Wird ein weibliches Top-Talent nicht befördert, ist der Fehler zunächst auf den Sponsor zurückzuführen und nicht auf das Talent.
• Sorgen Sie dafür, dass Sponsoren ihre Mentees während der Einarbeitung in die neue Position begleiten und wichtige Unterstützung erhalten.
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