Shell Jugendstudie: die jungen Zahmen
Sie sind optimistisch. Sie suchen nach einem Platz in der Gesellschaft. Sie wollen Job und Privatleben als sicher empfinden. So tickt die Jugend von heute, zumindest laut der neuen Jugendstudie von Shell. Das sind die wichtigsten Thesen.
Im Beruf
Fast jeder Jugendliche wünscht sich laut Studienergebnis einen sicheren Job (95 %), jedoch gibt es viele junge Menschen, die sich fürchten, nicht ihren Wunschberuf erlernen zu können. Unter den Schulabgängern ohne Schulabschluss beispielsweise sind das 22 Prozent.
Hier fällt mir das Interview im Handelsblatt (August) mit Porsche-Chef Thomas Edig ein: Er ist der Meinung, auch Hauptschüler können gute Lehrlinge sein. Deshalb bietet Porsche ein besonderes Programm an, inklusive einem Jahr Weiterbildung bevor die Lehre begonnen werden kann. Ein Zeichen, dass große Konzerne dem oben genannten Trend die Stirn bieten wollen. Hier geht es zu dem Artikel (Paid).
Shell unterscheidet in der Kategorie Beruf Nutzen und Erfüllung dessen. Der Nutzen liege für die Jugendlichen in einem hohen Einkommen und guten Aufstiegsmöglichkeiten sowie ausreichend Freizeit. Die Erfüllung hingegen bedeutet, dass sie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Sie wollen etwas leisten, sich kümmern. Das passt meiner Meinung nach zu dem Bild, sie suchten ihren Platz in der Gesellschaft.
Diesen Punkt kann ich nur unterstreichen. Als ich 2012 mit meinem Journalistik-Studium angefangen habe, befanden sich die Medien mal wieder in der Krise: Die Frankfurter Rundschau wurde im letzten Moment aufgekauft, die Financial Times Deutschland hat ganz dicht gemacht und die Westfälische Rundschau ist einem Deal zwischen dem Medienhaus Lensing und der WAZ zum Opfer gefallen. So saßen wir da im ersten Semester und unsere Professoren haben gefragt: „Wollt ihr das wirklich?“ Drei Jahre später sind sieben Leute von rund 50 abgesprungen, der Rest wollte das wirklich.
Zusammengefasst wollen die Jugendlichen,
- ihr Leben und ihre Arbeit vereinbaren. Deshalb muss der Job flexibel sein.
- ihren Beruf planen können bezüglich Arbeitszeit und Co.
- Karriere machen ohne ein Workaholic zu werden.
Dazu passend schreibt Shell, gibt es vier Berufstypen von jungen Leuten. Die Grafik zeigt die Typen umfangreich: shell-jugendstudie-familie-und-beruf.
In der Freizeit
Jugendliche wollen laut Studie ihre Identität bilden und sich entfalten. Dazu sind ihnen vor allem Geselligkeit mit Familie und Freunden wichtig sowie die klassischen Freizeitaktivitäten wie Sport und Fernsehen. Auffällig ist, dass die Familie wichtiger wird und junge Leute die damit verbundenen Aspekte Vertrauen und Geborgenheit schätzen. Grafik: shell-jugendstudie-jugendliche-wertorientierungen
Im Internet
99 Prozent aller deutschen Jugendlichen sind online. Das ist nicht länger Frage der Herkunft. Im Durchschnitt sind sie 18 Stunden pro Woche im Internet unterwegs – wobei sich die meisten durchaus bewusst sind, dass Konzerne wie Facebook und Google ihre Daten zu Geld machen (84 %). Der Großteil der Jugendlichen nutzt also das Internet zwar in hohem Maße, nimmt aber eine kritische Haltung dazu ein.
In der Politik
Die Macher der Studie heben diesen Aspekt besonders hervor. Das politische Interesse ist gestiegen, auch bei Jugendlichen in schwacher Bildungsposition. Der Grund dafür seien Ängste bezüglich der wirtschaftlichen Lage in Deutschland (51 %) und vor Terroranschlägen (73 %). Die politische Richtung der Jugendlichen geht laut Shell nach links.
Ich denke, hier spielen zwei Faktoren eine Rolle:
die Anfänge Flüchtlingskrise: das Thema betrifft jeden von uns. Junge Leute machen sich Gedanken, wie Deutschland aussehen wird, haben Ängste und viele empfangen die Flüchtlinge trotzdem mit offenen Armen. Das schürt Interesse an politischen Handlungen hierzulande.
die moderne Politik: Ob es Twitter, Instagram oder Facebook ist – die Politik modernisiert sich stetig und wird so für junge Leute wieder greifbar. Das Merkel-Interview mit Youtuber LeFloid ist schließlich auch noch nicht so lange her.
In der Lebenseinstellung
Die Studie belegt eine sehr optimistische Lebenshaltung der jungen Leute. 61 Prozent blicken optimistisch in ihre Zukunft, nur drei Prozent sehen düstere Zeiten kommen. Ähnliche Ergebnisse ergab die Befragung nach der gesellschaftlichen Zukunft.
Zusammengefasst spielen aktuell vor allem das Bedürfnis nach einem guten Job, gesellschaftlicher Ordnung und einem sicheren Familienverhältnis die größten Rollen im jungen Alter. Dazu seien „Respekt (gegenüber Kultur und eigener Tradition), Anerkennung (der Vielfalt der Menschen) und Bewusstheit (für Umwelt und Gesundheit)“ existenziell wichtig. Das Thema hat unlängst auch die t3n in ihrer Jubiliäumsausgabe zu Werten und Nachhaltigkeit beschrieben.
Und was mich ganz besonders freut: Work-Life-Balance ist out, Work-Life-Blending in. Das Verschmelzen von Arbeit und Privatleben trifft die Wünsche der Generation Y nämlich viel besser als die Balance.
METHODIK „Die 17. Shell Jugendstudie 2015 stützt sich auf eine repräsentativ zusammen- gesetzte Stichprobe von 2558 Jugend- lichen im Alter von 12 bis 25 Jahren, die von geschulten Infratest-Interviewern zu ihrer Lebenssituation und zu ihren Ein- stellungen und Orientierungen persön- lich befragt wurden. Die Erhebung fand auf Grundlage eines standardisierten Fragebogens im Zeitraum von Anfang Januar bis Anfang März 2015 statt. Im Rahmen der qualitativen Studie wurden zwei- bis dreistündige, vertiefende Inter- views mit 21 Jugendlichen dieser Alters- gruppe durchgeführt.“ Quelle: Shell
Beitragsbild: Flickr/ Ali from Riyadh : )
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